| Bereits bei Veröffentlichung von “Principles of Behavior”
waren einige experimentelle Befunde bekannt, die gegen die von Hull in dem Buch vorgeschlagene Verhaltenstheorie sprachen: So hatte Humphreys (1939) berichtet, daß die Löschungsresistenz, die Hull als Maß für die Habitstärke verwendete, bei wenigen intermittierend gegebenen Verstärkungen größer ist als bei vielen Verstärkungen (Humphreys-Effekt). Außerdem konnte die Theorie nicht erklären, daß Versuchstiere lernen konnten, erst nach einer gewissen Zeit eine Reaktion zu zeigen,
um eine Verstärkung zu erhalten. Hulls Theorie von 1943 besagte demgegenüber, daß die Latenzzeit mit Zunahme der Verstärkungen abnahm. Ein anderer experimenteller Befund wurde erst kurz vor der Publikation von “Principles of Behavior” bekannt: der Crespi-Effekt. Crespi hatte zwei Gruppen von Ratten trainiert, eine lange Strecke bis zu einer Futterbelohung zu laufen. Die erste Gruppe erhielt eine große Belohnung und lief sehr schnell, die zweite Gruppe erhielt eine kleine
Belohnung und lief deutlich langsamer. Dann vertauschte Crespi die Größe der Belohnungen für die beiden Gruppen und erhielt ein im Lichte von Hulls Theorie nicht zu erklärendes Ergebnis: Die Ratten, die zuvor eine große Belohnung erhalten hatten, liefen schon nach einem Durchgang deutlich langsamer, als die Ratten der zweiten Gruppe vorher gelaufen waren, während die Ratten, die zuvor eine kleine Belohnung erhalten hatten, schneller liefen, als die Ratten der ersten Gruppe es zuvor taten.
Hulls Theorie von 1943 sagte dagegen voraus, daß sich zum einen die Geschwindigkeiten nicht so schnell verändern sollten, weil SHR als eine kumulative Funktion von Änderungen der Reiz-Reaktions-Assoziationen konzipiert und daher gegenüber kurzfristigen Ereignissen relativ unempfindlich war, und daß zum anderen die Geschwindigkeit nicht unter das Niveau der anderen Gruppe im ersten Versuchsabschnitt fallen sollte. Aufgrund des Crespi-Effekts und der Kritiken über die
Konzeptualisierung von Verstärkung in der Theorie veränderte Hull in seinen Spätwerken seine diesbezüglichen Annahmen, indem er die Habitstärke nur noch als Funktion der Anzahl von Verstärkungen betrachtete. Die Größe der Verstärkungen und die Verzögerung in der Gabe der Verstärkungen wurden dagegen als neue intervenierende Variablen K und J konzipiert, die als “Anreiz”
aufgefaßt und zusätzlich in das Produkt von Habitstärke und Drive zur Bildung des effektiven Reaktionspotentials eingingen: SER = f (SHR) x f (D) x f (K) x f (J) Diese Modifikation der Theorie konnte die plötzlich Abnahme und Zunahme in den Geschwindigkeiten bei abrupter Veränderung der Verstärkungsgröße oder -verzögerung vorhersagen, allerdings nicht das Überschreiten bzw. Unterschreiten, von denen Crespi berichtet
hatte und die er auf emotionale Faktoren zurückführte. Hull akzeptierte diese Analyse, auch wenn er sie nicht in seine Theorie einbaute. |